Schneeglocke (3223 m, Silvretta)Alpenvereinstour der DAV-Sektion Überlingen18.-19. September 2021„Ein guter Plan verträgt auch wesentliche Änderungen.“ Unserer ist schnell geändert: Für den Sonntag ist eine Kaltfront mit Schnee bis 2000 m angesagt. Vermutlich keine gute Idee, die eigentliche Hochtour erst am Sonntag zu machen und am Samstag „nur“ zur Hütte zu gehen und die Gegend zu erkunden. Also komprimieren wir das Ganze auf einen recht anstrengenden Samstag, aber die geplante Übernachtung behalten wir bei.
Recht schwer bepackt ziehen wir zu fünft von der Bielerhöhe los zur Klostertaler Hütte, die wir schon nach anderthalb Stunden erreichen. Was wir zum Übernachten und fürs Essen brauchen (und das ist viel!), lassen wir dort und gehen nach kurzer Pause weiter zum Gletscher.
Nach einer guten Stunde können wir die Steigeisen schon wieder ausziehen. An der Rotfluelücke, neben einem ausgelaufenen Gletschersee, wechseln wir aufs Geröll und folgen einer steilen, aber gut zu findenden Wegspur hoch zum Grat und über diesen zum Gipfel der Schneeglocke (3223 m).
Schönstes Sommerwetter mit blauem Himmel und nur ein paar Quellwölkchen am Horizont. Silvretta, Rätikon, Verwall, Ortler und Bernina werden inspiziert. Allzu lang bleiben wir aber nicht, es ist schon 15 Uhr. Vom Parkplatz aus waren wir sechs Stunden unterwegs, und gegen Ende hat sich die Höhe doch etwas bemerkbar gemacht.
Für den Abstieg über den Gletscher können wir aufs Seil verzichten: Es gibt genau eine Spalte, in die man theoretisch reinfallen könnte. Da der Gletscher völlig schneefrei ist, würde das schon erhebliche Geschicklichkeit erfordern. Der Rückweg durch die Geröllwüste des Gletschervorfelds zieht sich, und jetzt am Nachmittag haben sich auch die vorher kleinen Bäche zu recht interessanten Hüpf- und Balancierübungen gewandelt. 17:30 an der Hütte. Wir sind ganz froh, dass wir nicht mehr rausmarschieren und nach Hause müssen, sondern hier bleiben können.
Woanders könnte man sich jetzt ein Bierchen bestellen und relaxen, bis das Abendessen serviert wird. Hier ist das anders: SELBSTVERSORGERHÜTTE. Jeder findet ein geeignetes Betätigungsfeld: Wasser holen, Holz sägen, Ofen anfeuern (besonderer Bonuspunkt: Das bekommen wir auch ohne die mitgebrachten Kaminanzünder hin), Spaghetti kochen, abwaschen. Trotz der Arbeit ist es nicht wirklich ungemütlich.
Am Sonntagmorgen ist das Wetter immer noch recht schön. Nur ein eigenartiger blasser Regenbogen hängt über dem Litzner im Westen. Dank Handy-Datenempfang an der nordöstlichen Hüttenecke wissen wir aber schon von meteoschweiz, dass es um 12 Uhr nass werden wird. Also treten wir den direkten Rückweg an. Wir sind schon um halb elf am Auto und sind dem Regen damit um anderthalb Stunden entkommen. Er kam übrigens tatsächlich um zwölf, ich hab’s in der Webcam-Aufzeichnung nachgeschaut. Später am Nachmittag wurde es bis 2000 m runter weiß. Praktische HinweiseGPS-Track von dieser Tour auf der Landkarte oder als GPX-DateiSchneeglocke (3223 m) Normalweg durchs Klostertal
Von der Klostertaler Hütte (2362 m, Selbstversorgerhütte / AV-Schlüssel notwendig) folgt man dem Weg zur Roten Furka durch den Talboden und auf der südlichen Moräne des Klostertaler Gletschers. Bei 2500 m zweigt der Weg zur Roten Furka rechts ab, zur Schneeglocke folgt man weiter der Moräne in einem Linksbogen auf den Gletscher zu. Dieser (der südliche Ast des Klostertaler Gletschers) beginnt bei 2720 m. Ab ca. 2900 m einige wenige Spalten; bei aperem Gletscher problemlos. An der Rotfluelücke eine große Hohlkehle, die man links (vermutlich besser) oder auch rechts umgehen kann. Von der Lücke folgt man über Geröll einer Wegspur den Hang schräg nach links hoch auf den Grat (3165 m) und dann dem einfachen Rücken folgend zum Gipfel. Klostertaler Hütte (2362 m)
Die Klostertaler Hütte war in den 1980er Jahren als normale Hütte projektiert worden, während des Baus gab es jedoch Diskussionen über die Übererschließung der Silvretta. Schlussendlich einigte man sich darauf, den Rohbau als Selbstversorgerhütte fertigzustellen. Der Holzvorrat im Keller besteht aus recht langen Stücken, die man erst in handlichere Stücke zersägen muss (Säge ist vorhanden). Zum Anfeuern des Ofens empfiehlt es sich, Papier und/oder Kaminanzünder mitzubringen, das Holz wollte bei uns nur recht zögerlich Feuer fangen. Der Flur vor der Stube ist ohne Schlüssel zugänglich. Dort gibt es einen Tisch mit Bank sowie zwei Schlafplätze für den Notfall, aber keinen Ofen. Auch die Toilette ist dort, also auch ohne AV-Schlüssel zugänglich. Bei unserem Besuch war das Toilettenpapier fast alle, für solche Fälle sollte man als Besucher selber eine Rolle mitbringen. Man erreicht die Hütte in etwa 1:45 von der Bielerhöhe durchs Klostertal auf einem Fahrweg.
© 2021 Hartmut Bielefeldt
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