Tiroleine kleine Fahrrad-"Durchquerung"28. April - 1. Mai 2007
Man könnte den Winter 2006/2007 fast alls "ausgefallen" bezeichnen. Zumindest, was halbwegs brauchbare Schneemengen für Skitouren betrifft.
Um den Jahreswechsel herum konnten wir viele schöne Wanderungen - ganz ohne Schnee und mit schönem Sonnenschein - auf den Südhängen im Bregenzerwald und im Prättigau unternehmen,
und auch das ganze Frühjahr war eher sommerlich. Beinahe wäre der April vollständig ohne jeglichen Niederschlag abgegangen, hätte es nicht Ende April eine halbe Stunde kurz getröpfelt. Da der 1. Mai nicht überraschend kommt, haben wir reichlich Zeit zur Planung. Wir waren schon eine ganze Zeit nicht mehr bei unseren Freunden Marina und Chris im Osten des Bayernlandes (genauer: in Siegsdorf). Anstatt in vier Stunden mit dem Auto dorthin zu fahren und uns mit dem Münchner Stau zu vergnügen, nehmen wir uns drei Tage Zeit mit dem Rad und fahren am vierten Tag mit der Bahn zurück nach Hause an den Bodensee. Die Bahnfahrt für 29 Euro pro Nase ist schnell im Internet gebucht, die Fahrradkarte und -reservierung geht allerdings nicht online. Darum werden wir uns dann auf der Strecke kümmern. Samstag, 28. April 2007Morgens um sieben fahren wir zuhause, im Norden von Friedrichshafen, los. Wir haben nicht viel Gepäck dabei, gerade mal etwas Kleidung zum Wechseln und das Nötigste an Essen und Trinken für den Tag. Nach anderthalb Stunden sind wir in Lindau und besorgen im Bahnhof die Fahrradkarte und -reservierung. Weiter geht's am See entlang (eine Strecke, die wir schon öfters mal zu Fuß gelaufen sind - siehe Dreiländermarathon) nach Bregenz, dann dem Rhein entlang an Diepoldsau vorbei nach Feldkirch. Der beschilderte Radweg in Richtung Bludenz verläuft streckenweise etwas eigenwillig, auf der Straße kommen wir schneller voran. Der Verkehr ist nicht allzu stark. In Bludenz decken wir uns nochmal mit Vorräten ein, insbesondere einem vernünftigen Getränkevorrat. Morgen ist schließlich Sonntag. Nun wird das Tal deutlich enger, und es geht langsam bergauf. Der Radweg von Dalaas nach Klösterle ist landschaftlich sehr schön und wunderbar ruhig. Mit der stärkeren Steigung ab Langen wird die Sache sehr plötzlich aber ziemlich anstrengend. In Stuben haben wir genug und suchen eine Übernachtungsmöglichkeit. Hier ist alles grün, an Skibetrieb ist nicht mehr zu denken, und der Ort ist ziemlich ausgestorben. Immerhin ist eine Pension und ein Restaurant geöffnet.
Sonntag, 29. April 2007Gut ausgeschlafen machen wir uns an die restlichen 400 Höhenmeter den Arlberg hoch. Die Straße ist nicht allzu steil und auch breit genug, der Autoverkehr stört daher kaum. Nach knapp einer Stunde sind wir oben. Am Galzig mühen sich Skifahrer auf einem kunstbeschneiten weißen Wurm inmitten grüner Landschaft hinunter. Abgesehen davon sieht es eher frühsommerlich aus. Jetzt geht's bergab, die nächsten 30 Kilometer vergehen wie im Flug. Ab Landeck ist der Inntal-Radweg beschildert. Zumindest bis Imst, gute 20 Kilometer, ist das auch eine schöne, ruhige und einigermaßen ebene Route. Dann allerdings erfahren wir, was uns mit dem Auto dank des Roppener Tunnels nie aufgefallen war: Die Schlucht hat keinen Weg, wir müssen hundert Höhenmeter an der Straße nach Karres hochstrampeln. Nur um diese Höhenmeter sogleich wieder abzugeben. Der Einfachheit halber folgen wir weiter der Bundesstraße und kümmern uns erst mal nicht um den Inntal-Radweg. Bei Stams kommt der sowieso wieder an die Straße zurück. Nun wird es flacher, der Radweg folgt meist direkt dem Inn und ist nicht mehr zu verfehlen. Da die Reise eine Sport- und keine Kulturveranstaltung ist, beschäftigen wir uns mit Innsbruck nur soweit, dass wir hinein- und auch den Weg wieder herausfinden. Da der Inn jetzt klar den Weg vorgibt, ist das nicht weiter schwierig. Nur der immer stärker werdende Ostwind macht sich langsam störend bemerkbar. In Schwaz denken wir langsam darüber nach, dass die Etappe irgendwann mal zuende sein könnte. Wenn Schwaz auch früher mal die zweitgrößte Stadt Österreichs gewesen sein mag (dem Radtouren-Büchlein zufolge), die Zeiten haben sich wohl geändert. Zumindest in puncto Unterkunft sieht es sehr mau aus, Hotels und Pensionen sind entweder geschlossen oder telefonisch nicht erreichbar. Zum Glück hatten wir zuhause vorab einige Adressen im Internet herausgesucht. Darunter war auch ein Gasthof mit Jenbacher Adresse, das ist ja nur acht Kilometer weiter - und es gibt noch Zimmer. In Jenbach angekommen, können wir unser Ziel nicht finden und telefonieren nochmal nach. Nach Wiesing müssen wir, und dann bei Kilometer 4 Richtung Achsensee würde dann ein Schild stehen. Bei dieser Beschreibung schwant uns Böses, und das Böse sind auch tatsächlich 200 Höhenmeter. Nach nunmehr 170 Kilometern ziehen sich diese paar Kilometer immer länger. Die Mühen haben sich aber gelohnt. Gutes und reichhaltiges Abendessen, mit schöner Aussicht draußen auf der Terrasse.
Montag, 30. April 2007Was wir gestern an Höhenmeter hereingearbeitet haben, ist am Morgen schnell wieder vernichtet. An der Mündung des Zillertals vorbei folgen wir weiter dem Inn. Der Wind hat weiter zugenommen und ist heute sehr lästig, denn er kommt uns genau entgegen. So schön das Wetter durch diesen Ostwind ja ist, fürs Radfahren ist es eine Qual. Einkaufspause in Wörgl, heute ist Montag und wir müssen wieder Getränke nachfüllen. Nach einigen Irrungen zwischen Wörgl und Kirchbichl sind Weg und Inn wieder gefunden. Tirol ist übrigens ganz schön lang. Kufstein, Ebbs: Wir verlassen den Inn, den wir jetzt etwa 180 km lang mehr oder weniger begleitet haben. Von hier wollen wir uns in Richtung Walchsee nach Kössen und Reit im Winkl durchschlagen. Was man hier unter einem Radweg versteht, ist teils etwas abenteuerlich. Nachdem wir uns zur Straße zurückgekämpft haben, kommt aber bald die Abzweigung auf eine ruhigere Straße durch ein Moor nach Walchsee. Dann geht es auch schon wieder bergab nach Kössen, und nach 247 Kilometern seit dem Arlberg verlassen wir Tirol wieder. Heute ist das Programm nicht ganz so streng, daher stellen wir uns vor, man könnte im bayerischen Reit im Winkl vielleicht irgendwo einen Biergarten finden, wo man eine gemütliche Pause einlegen könnte. Es bleibt leider nur beim "könnte", denn hier scheint man nur ins Café zu flanieren. Zumindest aus unserer Radlerperspektive war nichts zu sehen, das einem Biergarten ähnelte. Schade, eine Radlermaß hätten wir uns ja inzwischen schon verdient gehabt. So geht es also ohne weitere Stärkung an den letzten "Pass" unserer Route. Bis zum Seegatterl sind es nochmal hundert Höhenmeter, und dann hätten wir es einfach haben können - wären wir nicht dem "Radweg" gefolgt. Der macht nochmal fast hundert Meter, während die Straße friedlich unten am Weitsee entlangführt. Danach geht es aber tatsächlich bergab. Man staunt immer wieder, wie lang die Strecke von Reit im Winkl nach Ruhpolding - ohne jegliche Ortschaft auf dem Weg - ist: 24 Kilometer nur Wald und Seen. Nachmittags um fünf kommen wir am Ziel in Hörgering an. 431 Kilometer in drei Tagen, jetzt wird erst mal ordentlich der Grill angeheizt.
Dienstag, 1. Mai 2007Elf Kilometer nach Traunstein, dort die Räder in den Zug verladen und problemlos nach Ulm und sogar noch weiter gekommen: Das Umsteigen in Ulm funktioniert auch mit den Fahrrädern reibungslos, es bleiben uns nur noch die fünf Kilometer von Meckenbeuren nach Hause.
LiteraturWir haben uns häufig am Buch "Die schönsten Radtouren zwischen Bodensee und Salzburg", Paul Bickelbacher, Bruckmann-Verlag (ISBN 3-7654-3387-X) orientiert. Wo wir schneller vorwärtskommen wollten, haben wir öfters auf die komplizierteren Stücke verzichtet und uns an die Straße gehalten, oder sind der offiziellen Radweg-Beschilderung gefolgt. Letzteres ist allerdings nicht immer von Vorteil. PlanungÜbernachtung: Wir hatten kein Zelt dabei und haben uns daher darauf verlassen, kurzfristig irgendein Hotel oder Pension zu finden. Das hat zu diesem Termin (Zwischensaison) ganz gut funktioniert. Strecke: Es gibt einen direkteren Weg, der bekanntlich als Bodensee- Königssee-Radweg ausgeschildert ist. Wir haben uns für eine andere Route über den Arlberg entschieden, um wenigstens einen "richtigen" Pass auf der Strecke zu haben. Außerdem ist es ganz interessant, die Gegend, durch die man sonst mit dem Auto an irgendwelche Berge fährt, aus der Fahrradperspektive neu kennenzulernen. Arlberg: Es dürfte sich empfehlen, den Arlberg mit dem Fahrrad von West nach Ost zu fahren. Die andere Richtung hat auf der Strecke St. Anton - St. Christoph eine deutlich größere Steigung. Das Vorarlberger Steigungsstück ist übersichtlicher und dadurch für Radfahrer und Autofahrer angenehmer. Dauer: Wir wollten natürlich auch gerne wissen, wie weit man an drei Tagen mit wenig Gepäck, aber normalen Alltagsfahrrädern und einigen störenden Höhenmetern so kommt. Man kann diese oder eine ähnliche Strecke natürlich auch mit weniger sportlichen Ambitionen angehen und entsprechend länger unterwegs sein. Man kann es vermutlich auch in kürzerer Zeit schaffen, aber so eilig hatten wir es dann doch nicht. TrackaufzeichnungIch habe die Strecke mit einem Garmin Geko 201 aufgezeichnet. Die Aufzeichnung ist hier auf der Landkarte eingezeichnet.Zeiten im DetailSamstag, 28.04.2007 07:05 Eggenweiler 450 km 0.00 08:35 08:50 Lindau 404 m km 31.50 09:20 Bregenz 397 m km 42.50 10:20 10:35 südlich von Lustenau 410 m km 60.80 12:00 Feldkirch 465 m km 88.50 13:10 Bludenz 557 m km 111.10 13:20 14:00 Bludenz (Supermarkt) 571 m km 115.20 14:45 14:55 vor Dalaas 761 m km 127.60 15:50 16:00 Klösterle 1051 m km 138.20 17:00 Stuben 1410 m km 144.40 144.4 km in 09:55 (08:25) = 14.56 (17.16) km/h Dh= +1093 m, -133 m Sonntag, 29.04.2007 08:10 Stuben 1410 km 0.00 08:35 Alpe Rauz 1628 m km 2.40 09:00 09:10 Arlbergpass 1797 m km 5.70 10:15 10:25 zwischen Strengen und Pians 965 m km 33.90 11:15 11:30 Schönwies 734 m km 54.20 13:20 13:35 Rietz 637 m km 86.70 14:40 14:55 Zirl / Kranebitten 594 m km 111.90 15:20 Innsbruck 580 m km 121.60 16:20 16:30 Wattens 562 m km 140.30 17:40 17:55 Schwaz 538 m km 156.50 19:05 Jenbach-Fischl (Rieder) 746 m km 170.70 170.7 km in 10:55 (09:25) = 15.64 (18.13) km/h Dh= +790 m, -1454 m Montag, 30.04.2007 08:20 Jenbach-Fischl (Rieder) 746 km 0.00 08:40 Straß (Zillertal) 525 m km 5.70 10:05 10:30 Wörgl 507 m km 31.30 11:35 11:55 Kufstein 482 m km 49.70 13:10 Walchsee / Rettenschöß 664 m km 66.30 14:05 Grenze Kössen/Reit im Winkl 649 m km 82.00 14:20 14:30 Reit im Winkl 680 m km 85.80 15:15 Weitsee 830 m km 93.60 15:45 15:55 Förchensee 740 m km 101.00 16:25 16:45 Ruhpolding 666 m km 109.50 17:10 Hörgering 650 m km 116.20 116.2 km in 08:50 (07:25) = 13.15 (15.67) km/h Dh= +558 m, -654 m Dienstag, 01.05.2007 10:40 Hörgering 650 km 0.00 11:15 Traunstein Bahnhof 598 m km 10.80 16:20 Meckenbeuren Bahnhof 411 m km 10.80 16:30 Eggenweiler 450 m km 14.60 14.6 km in 00:45 (00:45) = 19.47 (19.47) km/h Dh= +74 m, -87 mgesamt: 445.9 km und +2515 (-2328) Höhenmeter in 4 Tagen bzw. 30:25 (26:00) Std. täglich 111.5 km und 628 Höhenmeter stündlich 14.66 (17.15) km und 82 (96) Hm Steigung 1.09 % größte Höhe 1797 m
© 2007 Hartmut Bielefeldt und Claudia Bäumler
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