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Obergabelhorn (4063 m)
Bericht 22.-23. August 1997
Irgendwann muß es uns doch mal gelingen... Na gut, wenn wir die vorangegangenen Versuche
an uns vorüberziehen lassen, gab es immer "objektive" und "subjektive" Gründe zum Abbruch
der Tour. Beim erstenmal - nur fünfzig Meter unter dem Gipfel - eine unglückliche
Kollision mit dem am Handgelenk baumelnden Eisgerät, beim zweitenmal einfach schlechte Verhältnisse
am Gendarm. Blankeis schon unterhalb läßt weiter oben nichts Gutes erwarten. Beim dritten
Versuch war es einfach zu warm, um von Mountet aus gut im Schnee hoch und wieder
runterzukommen.
Aber irgendwann... Die Rede ist vom Obergabelhorn, das ist eigentlich kein sonderlich
schwieriger Viertausender. Im obersten Viertel ist es allerdings schon angesiedelt;
die Normalrouten sind allesamt ZS, und überall gibt es Fels III und gegebenenfalls
auch Eis. Der Coeurgrat von Mountet aus existiert als Firnzustieg nicht mehr. So
ist der einzige vernünftige Zustieg für eher Eis-zentrierte Leute wie uns von der
Rothornhütte über Wellenkuppe und den Gendarm.
22. August 1997
In großer Hitze legen wir den Aufstieg von Zermatt zur Rothornhütte (3200 m) zurück.
Das sind knackige 1600 Höhenmeter, während derer man glücklicherweise immer wieder
Wasser nachfassen kann. Viereinhalb Stunden sind für dieses Wetter ganz passabel.
23. August 1997
Um halb fünf brechen wir auf. Anderthalb Stunden später ist der Schneesattel
an der Wellenkuppe erreicht, und ab dort geht es erst durch Geröll, weiter
oben "richtigen" Fels aufwärts. Das "WS" im Führer ist durchaus nicht mit dem
Bernerführer zu verwechseln; hier muß man sich tatsächlich festhalten, und ohne
Seil sollte man für das letzte Stück nicht unbedingt anrücken. Ein gutes
Stündchen Kletterei, und bald stehen wir auf dem hübschen Wächtengrat der
Wellenkuppe (3903 m). Anderswo wäre das ein respektabler Gipfel, aber
hier nur der "Vorbuckel".
Bis zum Obergabelhorn sind es nur noch - netto - 160 Höhenmeter.
Zuerst geht es allerdings fast hundert Meter bergab, bis an
den Fuß des Gendarms. Nach einigen Metern kombinierter Kletterei erreicht man
hier die fixen Seile, die die Überschreitung des Felsturms ermöglichen.
Sonst wäre es weit mehr als nur "ziemlich schwierig", am Seil reduziert sich
das zu einer ziemlich strapaziösen Herumhampelei.
Diesmal geht es sogar noch einfacher, weil von dort, wo das Fixseil richtig senkrecht
wird, ein gut vorgespurtes schneebedecktes Band am Gipfel des Gendarms vorbei
wieder auf den Grat führt.
Von hier aus geht man erst über den hübschen Firngrat
und später im plattigen Fels mehr oder weniger der Gratkante entlang (III)
dem Gipfel entgegen. Die Scharte, in der sich der Grat praktisch mit
der Nordostwand trifft, ist auf den letzten Metern etwas heikel, danach geht
es luftig die letzten 10 Meter auf den Hauptgipfel (4063 m).
Freundlicherweise ist der Fels überall anständig fest.
Die ersten Wolken steigen vom Tal her auf, so genießen wir die restliche
verfügbare Aussicht nicht allzulange dort. Der Abstieg dauert etwa zwei Stunden
bis zum Gendarm, und von dort nochmal eine Stunde zur Wellenkuppe.
Spät - erst um fünf Uhr nachmittags - sind wir also zurück an der
Rothornhütte. Es geht sicher schneller als in 13 Stunden, aber wir
sind immerhin nicht ganz die letzten, die die Hütte abends von ihrer Tour erreichen.
Am gleichen Abend steigen wir nach Zermatt ab, denn allzu gut schläft man in
der Hütte nicht, wenn morgens um vier schon wieder Remmidemmi ist. Um acht kommen
wir nach Zermatt; ein Teil der Heimfahrt kann also am Abend noch erledigt werden.
Wir übernachten an der Furka und entgehen so einigermaßen dem Sonntagsverkehr.
Praktische Hinweise
Hüttenzustieg
Vom Bahnhof Zermatt "stadt"-einwärts, bis es eine enge und steile "Straße"
nach rechts hoch geht (Der Wegweiser ist ziemlich hoch am Haus angebracht). Steil aufwärts eine Stunde
nach Alterhaupt (1960 m, Restaurant) und eine weitere Stunde nach Trift (2337 m, Restaurant).
Von dort sind's 2 - 2 1/2 Stunden zur Rothornhütte SAC (3200 m). Die Hütte ist durch den langen
Aufstieg, der auch nicht durch eine Seilbahn "entschärft" werden kann, meist nicht allzu voll.
Route
Von der Hütte über den flachen Gletscher in einer Linkskurve ausholend aufwärts auf die
recht auffällige Schulter links der Wellenkuppe, am Ende etwas steiler. Von hier
rechts den Hang hoch, linkshaltend durch Schutt, eine kurze Stelle II im Gerümpel.
Später wieder fast zum Grat hoch (Steinmänner).
Beim Rückweg kann man sich hier prima versteigen...
Man gelang zu einer Scharte (Rückweg merken!), ab der der Grat aus kompaktem, leicht plattigem Fels (II)
besteht. Diesen ca. 70 m hohen Aufschwung ersteigt man direkt, und von dort auf die Gipfelwächte der
Wellenkuppe (3903 m).
Von hier folgt man dem Firngrat zum Fuß des markanten Gendarmen. Am Grat hinauf bis zum ersten Fixseil.
Das zweite Fixseil ist senkrecht und eine enorme Herumhampelei. Bei guten Verhältnissen kann man
von dort, wo es senkrecht wird, direkt hinausqueren. Ansonsten auf den Gendarm hinaufhieven,
und dem Gratverlauf entlang wieder runter.
Es folgt ein Firngrat, der bald wieder in Fels übergeht. Der Fels ist sehr fest und kompakt (III),
meist recht plattig; man folgt meist ziemlich dem Grat. Die letzten Meter zum Gipfel sind
recht exponiert.
Abstieg
Die Fixpunkte am Obergabelhorn und am Gendarm reichen gut zum Abseilen mit einem 50m-Seil. Am oberen
Stück an der Wellenkuppe vielleicht mal die Fixpunkte einer genaueren Überprüfung unterziehen
und eine Bandschlinge als Spende hinterlassen... Ansonsten Abstieg wie Aufstieg.
Zeiten sind schwierig festzulegen. Wir sind generell im Fels nicht übermäßig
schnell.
Zeit | Ort |
04.25 | Rothornhütte (3200) |
06.00 | Schneesattel an Wellenkuppe |
07.25 | Sattel vor den Platten |
07.50 | Wellenkuppe (3903) |
09.10 | oberhalb Gendarm, Schneegrat |
11.20 | Obergabelhorn (4063) |
13.10 | oberhalb Gendarm |
14.30 | Wellenkuppe |
16.00 | Schneesattel an Wellenkuppe |
17.15-17.50 | Rothornhütte |
19.55 | Zermatt, Bahnhof |
Führer/Karte
Führer:
- SAC, "Hochtouren im Wallis" (CD-ROM, 1998), Routen 311 (Hütte), 360 (Obergabelhorn)
- SAC, "Walliser Alpen 3" (1993), Routen 11 (Hütte), 536 (Obergabelhorn), 568 (Wellenkuppe)
Landkarte:
- 1:50000 LKS 283S "Arolla", 284S "Mischabel" (Hüttenweg)
- 1:25000 LKS 1327 "Evolène", 1328 "Randa" (Hüttenweg)
Ach ja, wer's noch wissen will: Die Züge abends aus Zermatt heraus fahren (Stand August 1997):
19.50 | 20.15 | 20.30 | 21.10 | 21.50
| 22.30 | 23.10 |
© 1997 Hartmut Bielefeldt
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Letzte Änderung am Freitag, 9. August 2002 durch Hartmut Bielefeldt
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