Puna (Argentinien/Chile) 2006
Die "Zweithöchsten" der Anden
|
Auf dem Weg zur Laguna Brava |
Cerro Bonete Chico über der Laguna Brava |
Das Refugio Peñón (3600 m) |
Für "Urlaub" ist es eine nette Gegend: Es wächst Gras, es gibt sogar eine gefasste Quelle, Vogelgezwitscher, halbwilde Kühe, und ein paar hundert Meter weiter grasen Guanacos3. Und einen weiteren Nachbarn haben wir: Eine winzige Maus knabbert unsere Facturas4 an, die wir unvorsichtigerweise an der Hüttenwand haben liegen lassen. Unter unserem Zeltplatz wohnen Nager mit dem Namen "Ururucu", die nur durch laute, aber nicht richtig lokalisierbare Geräusche auffallen. Gesehen haben wir sie nie.
3 Guanacos und Vicuñas sind die beiden wildlebenden der vier Llama-Arten. Bei Guanacos ist die Gesichtspartie dunkel, bei Vicuñas hell.Den Vormittag verbringen wir in oder beim Zelt, denn das Wetter ist nicht allzu prächtig. Nachts hatte es weiter im Süden kräftige Gewitter gegeben, morgens ist es bei uns bedeckt mit ein paar Tropfen.
Am Nachmittag gehen wir auf den Berg östlich der Hütte (4214 m). Erst nach 17 Uhr kommen heute die Exkursionen von der Laguna Brava zurück, das Gewitter hatte die Flussquerungen erschwert.
Ein wunderbarer Morgen, wolkenlos und windstill. Pünktlich um zehn Uhr kommt unser Fahrdienst. Es geht wie vorgestern zu den Flamingos, dann rechts an der Laguna Brava vorbei zum Refugio Veladero. Dort verlassen wir die Straße und fahren durch eine karge, aber landschaftlich sehr eindrucksvolle Hochebene, bis der Sand langsam zu tief für das Auto wird. 4750 m, hier wird unser Basislager für den Cerro Bonete Chico sein. In genau einer Woche wird man uns wieder holen kommen.
Es ist angenehm warm für die Höhe. Wir können barfuß über unseren "Sandstrand" laufen. Wasser ist allerdings weit weg, mindestens 40 Kilometer talabwärts. Ab Lager 1 können wir vielleicht Schnee schmelzen, und wir haben knapp 20 Liter Wasser und Getränke mitgebracht.
Am Nachmittag zieht es sich etwas zu, der Wind frischt auf, und es gibt wieder mal ein paar Tropfen Regen. Gegen Abend gibt es heftigere Schnee- und Graupelschauer, aber es bleibt praktisch nichts liegen.
Morgens ist es wieder schön und nicht allzu kalt für diese Höhe (-6°C). Das hindert die Limonade aber nicht daran, sich beim Öffnen der Flasche spontan in einen Eisklotz zu verwandeln.
Heute gehen wir zur Akklimatisation mit einer ersten Last zu Lager 1 und wieder zurück ins Basislager. Das sieht auf den ersten Blick harmlos aus, aber die Weitläufigkeit des Geländes muss man erst mal erfühlen. Endloser Aufstieg auf fast ebenen Geröllflächen, bis nach 3 Kilometern (und 2 Stunden) wenigstens der Berg wieder in Sicht kommt.
Danach sind es nochmal 3 km bis zum geplanten Platz auf 5500 m. Immerhin, in einem flachen Tal auf 5100 m fließt ein kleines Rinnsal ganz ordentliches Wasser - wer hätte das gedacht. Weiter oben "grast" eine Vicuña-Herde an irgendwelchen winzigen Pflänzchen.
In einem kleinen Tal findet sich kurz danach ein richtiger Bach, an dem sogar Blumen blühen. Der Bach wird von den Büßerschneefeldern weiter oben genährt, anscheinend verschwinden die auch im Hochsommer nicht. So ist es vier Stunden oberhalb wesentlich gemütlicher als im Basislager. Wir gehen daher nur bis 5290 m, fließendes Wasser in Lager 1 wird uns viel Zeit und Sprit sparen im Vergleich zum Schnee schmelzen.
2 1/4 Stunden für den Rückweg ins Basislager. Das Wetter ist den ganzen Tag über recht sonnig, am Nachmittag kommt teilweise stürmischer Wind auf.
Heute sind's mit schwerem Gepäck (Zelt, Schlafsack) und betont langsamem Tempo wegen der Akklimatisation 3 1/2 Stunden zu Lager 1. Die Blumen dort sind übrigens schön anzusehen, ihr Geruch ist aber offensichtlich nicht für uns gemacht: er erinnert am ehesten an leicht fauliges Fleisch.
Dafür, dass es gestern ganz ausgefallen war, kommt das nachmittägliche Gewitter heute schon um halb drei. Hartnäckig umkreist es uns mehrmals, ausgerechnet als Claudia zum Deponieren noch 200 Meter höher gegangen ist. Zum Glück bleibt es unterwegs bei einigen Elmsfeuern. Abends beginnt der Schnee liegenzubleiben.
Das Wetter sieht gar nicht schlecht aus, vielleicht ist's das gestern ja gewesen und jetzt bleibt es schön. Weiter draußen sieht man allerdings noch tiefe Wolken.
Der erste Teil der Strecke zu Lager 2 ist genauso langweilig wie die gestrige Etappe. Bei 5600 m geht es endlich richtig bergauf. Die Wolken haben sich schon um elf Uhr wieder zu voller Kampfstärke zusammengefunden. Gerade als wir um halb eins aus dem Steilstück draußen sind, bricht das Gewitter los. So bleibt keine Zeit, ein besonders schönes Plätzchen zu suchen. Lager 2 wird auf 5820 m auf dem ersten auffindbaren flachen Platz eingerichtet. Den ganzen Nachmittag und Abend graupelt und schneit es.
Variante 1 und 2 stellen sich heute nicht zur Wahl, weil wir noch nicht gut akklimatisiert sind und den Schlaf das erste Mal in Lager 2 sicher brauchen. Als wir morgens um halb neun das schöne Wetter sehen und uns doch für die Höhe ganz brauchbar fühlen, beschließen wir spontan Variante 3. Im Gegensatz zu all den anderen Tagen sind nirgendwo Wolken zu sehen. Wer weiß schon, wie es morgen aussieht, und länger als bis morgen reicht unser Essen nur bei wirklicher Extrem-Diät.
Mit minimaler Ausrüstung, aber durchaus auch Kleidung für kaltes Wetter, brechen wir um halb zehn auf. Schnell wird es fast unerträglich heiß. Die Schuttflanken sind trotzdem noch vom Schnee der letzten Tage bedeckt. Zwar nur 10-20 cm, aber es macht das Vorwärtskommen auf dem glitschigen Schotter mühsam. Wir sehen schnell, dass wir nur etwas 100 Höhenmeter pro Stunde machen, und das wird in der größeren Höhe später sicher nicht schneller.
Nach zwei Stunden brechen wir unseren Gipfelversuch auf 6035 m ab. So haben wir noch Zeit, heute bis ins Basislager herunterzugehen und vielleicht noch ein anderes Bergziel zu versuchen. Außerdem sieht es nicht so aus, als würde das Gewitter ausfallen: Wie aus dem Nichts sind überall Wolken gewachsen, der Cerro Veladero gegenüber ist kaum mehr zu sehen. Während der vier Stunden Abstieg ins Basislager nimmt das Wetter wieder mal den üblichen Verlauf. Aus dem Gipfelsturm wäre also sowieso nur ein Schneesturm geworden, spätestens auf 6400 Metern hätten wir wegen des Wetters umdrehen müssen.
Lager 2 am Morgen... |
... und mittags |
Morgens ist es - wie immer - wolkenlos. Bevor wir unser Zelt aber wieder einpacken und in der Sierra del Veladero ein Hochlager einrichten, schauen wir uns den Wetterverlauf am Vormittag erst mal an.
Wir entschließen uns, das Zelt stehenzulassen und nach der Anstrengung der letzten Tage nur einen kurzen Ausflug auf den Berg unmittelbar westlich zu machen. Das ist zwar nur ein Hügel (5233 m), den wir nach 2 1/4 Stunden leicht erreichen; er bietet aber eine sehr gute Aussicht. Endlich glauben wir auch den Monte Pissis zweifelsfrei identifizieren zu können. Um die (nicht sichtbare) Caldera del Inca5 steht zwischen Bonete und Pissis so manches tief Verschneites und Hohes, das eine Orientierung schwierig macht.
Auf das GPS scheint heute auch kein Verlass zu sein. Trotz angeblich guter Horizontalgenauigkeit (9m) finden sich Schlenker von 200 Meter im Track, und auf dem Gipfel springt die Höhenanzeige zwischen 5300 und 5800 m (!) hin und her.
Auf dem Rückweg sehen wir uns die vielen Findlinge in der Ebene genauer an. All diese bis zu fünf Meter großen Felsbrocken sind offensichtlich bei Vulkanausbrüchen über etliche Kilometer hierher geschleudert worden. Zum Glück dürfte das schon einige Jahre her sein.
Heute ist der erste Tag seit unserer Ankunft, an dem es bis zum Abend kein Gewitter gibt. Allerdings ist es den ganzen Tag über recht windig. Vielleicht hätte das einen besseren Gipfeltag gegeben als gestern, aber wer kann so was schon im Voraus wissen. Ob ein mehrtägiges Ausharren auf knapp 6000 Metern bei unserer jetzigen noch schwachen Akklimatisation gut funktioniert hätte, weiß man schließlich auch nicht.
5 Die Caldera del Inca Pillo ist ein vulkanischer Kratersee zwischen Cerro Bonete Chico und Monte Pissis auf ca. 5500 m. Der See hat einen Durchmesser von 5 Kilometern und ist damit einer der höchsten "richtigen" Seen überhaupt. Leider wird sie sehr selten besucht, weil die Anfahrt durch die langen sandgefüllten Täler schwierig ist.
Unser Basislager am Bonete |
Diese Findlinge stammen aus dem umliegenden Vulkanen |
Nachts hatte es im Süden heftig gewittert, es gab viel Wetterleuchten zu sehen. Morgens sehen wir dort noch große Wolkentürme, bei uns ist es aber sonnig.
Wir erkunden nur ein wenig das Tal talaufwärts in Richtung Norden. Der anscheinend letzte große Lavastrom aus der Caldera del Inca hat dort eine bizarre Landschaft geschaffen. Bizarr übrigens auch: Beim Wandern auf dem vertrockneten und gefrorenen Bachbett kommt mir plötzlich der Fluss entgegen. Erst nur ein kleines Rinnsal, dann in Wellen nach und nach mehr Wasser. Er scheint von oben her aufzutauen. Das Wasser kommt aber kaum zwei Kilometer weiter, bis es in der Ebene "Campo de los Burritos Muertos" - "Feld der toten Eselchen" - versickert.
Auch heute gibt es bei uns kein Gewitter. Wir sind wohl mit unserer Terminplanung zufällig genau in einer Schlechtwetterperiode gelandet. Die Frage ist, ob es für Schön- und Schlechtwetter typische Dauern gibt.
Heute ist Warten-aufs-Taxi-Tag. Schnell ist am Morgen die ganze Ausrüstung verpackt, und wir sitzen in der Wüste und warten auf die für 13 Uhr versprochene Abholung. Die kommt tatsächlich überpünktlich schon um halb zwölf.
Diesmal ist bei der Exkursion auch ein argentinischer Kunde dabei, der ausgezeichnet Deutsch spricht. Er erklärt, er habe beschlossen Deutsch zu lernen, damit er Nietzsche im Original lesen kann. Was die Leute nicht alles tun...
Das Wetter ist perfekt für eine Sightseeing-Fahrt. Zurück geht es von der Wüste unseres Basislagers am Salzsee Laguna Brava vorbei in die "Vegetationszone", wo massenhaft Vicuñas grasen und sich im Sand wälzen. Weiter unten wird es heiß und wieder karg, wenn auch landschaftlich nicht uninteressant. Nach 95 km kommt das erste Dorf Jagüe, von dort sind es "nur" noch 115 Kilometer bis Villa Unión. Letzteres präsentiert sich als etwas verschlafenes Straßendorf, hat aber immerhin eine Tourist-Information, die sogar einen "Stadtplan" verteilt (und auch sonst durchaus kompetent wirkt).
Villa Unión liegt auf 1470 m Höhe; gestern nachmittag war es unerträglich heiß, heute morgen ist es bewölkt und draußen recht angenehm. Auffällig ist, dass ungewöhnlich viele Leute in der "Stadt" mit dem Fahrrad unterwegs ist. In Chilecito war praktisch kein Fahrrad zu sehen gewesen. Das liegt vermutlich daran, dass Villa Unión relativ klein und isoliert ist. Wer hier wohnt, hat normalerweise keine weiten Wege.
Wir bekommen die letzten zwei Sitze im 15 Uhr-Bus nach La Rioja, als wir um elf am Busterminal vorbeischauen. Glück gehabt.
Abends um sieben sind wir in der Provinzhauptstadt La Rioja. Es gibt sogar einen direkten Bus nach Fiambalá morgen früh, allerdings um fünf Uhr morgens. Und ob es freie Sitze gibt, stellt sich erst um 22 Uhr heraus, weil es ein Nachtbus aus Córdoba ist. Das Busterminal ist ein ganzes Stück vom Stadtzentrum entfernt, wo wir mit etwas Mühe ein Hotel (aber mit Klimaanlage) gefunden haben. Für Beschäftigung ist also gesorgt: Zum Abendessen geht's zurück zum Terminal, um nach dem Stand der Dinge mit dem Nachtbus zu sehen.
Der Nachtbus war ausgebucht, so müssen wir erst von La Rioja nach Aimogasta fahren und dort den Anschlussbus nach Fiambalá bekommen. Da die Strecken von unterschiedlichen Gesellschaften betrieben werden, muss man die Fahrkarte jeweils vor Ort besorgen. Aimogasta liegt etwa 120 Kilometer nördlich von La Rioja, und es ist der erste Ort mit mehr als drei Häusern seit dort. Ungefähr das, was man als "mitten im Nichts" charakterisieren würde. Inmitten von Steppe und Kakteen liegt ein großes Oliven-Anbaugebiet. Diese durchaus völlig uninteressante Landschaft können wir nicht nur 2 1/2, sondern ganze 5 Stunden lang betrachten, weil unser Anschlussbus entsprechend Verspätung hat.
So sind wir erst kurz vor zehn Uhr abends in Fiambalá; zum Einkaufen ist es zu spät, nachdem wir erst mal ein Quartier gefunden haben und das Programm für den nächsten Berg, den Ojos del Salado, mit dem hiesigen Veranstalter durchgesprochen haben.
Fürs Abendessen ist es in Argentinien ja nie zu spät, wir essen am Rand der Plaza, und dabei kommen wir noch in den zweifelhaften Genuss aufgemotzter Autos mit Unterbodenbeleuchtung, die um die Plaza
Schau fahren. So ist jeder Ort hier eine neue Erfahrung - in Villa Unión wären es wohl eher aufgemotzte Fahrräder gewesen.
Aber überall toben bis weit nach Mitternacht die kleinen Kinder über den Spielplatz auf der Plaza, nach der langen Siesta am Nachmittag sind sie auch spät abends (nach mitteleuropäischem Maßstab) noch munter.
Der Kiosk hat sonntags offen und macht das Geschäft seines Lebens mit Limonadenflaschen. Auch die Panaderia ist geöffnet, und so sind wir auch mit Brot wieder gut bevorratet. Das Auto ist um zwölf Uhr fertig; da der Chef gestern selber bis elf Uhr abends mit Kunden unterwegs war, übernimmt die heutige Tour der Sohnemann, der allerdings nicht viel Zeit im Bett verbracht zu haben scheint.
Bis zum Paso de San Francisco (4750 m) sind es 200 Kilometer durch oft öde, aber interessante Landschaften. So ist über 10 Kilometer das ganze Gebirge leuchtend rot, wohl von Eisen. Weiter oben wechseln sich wüstenhafte Hochtäler mit etwas Punagras ab. 21 Kilometer vor dem Pass liegt die argentinische Zollstation Las Grutas, wo eine halbstündige Formular- und Stempelaktion über die Bühne geht. 20 Kilometer hinter dem Pass folgt die chilenische Carabineros-Station an der Laguna Verde, und der Wirrwarr beginnt. Ein Carabinero meint, das Deponieren von Pässen und Permit sei für den Ojos del Salado ausreichend, weil wir ja gar nicht richtig die Zollgrenze überqueren. Es setzt sich aber der Andere durch, der uns von der Carabineros-Station (Kilometerstein 270) erst zur Zollabfertigung nach Maricunga schickt (km 170) und dann zurück zur Abzweigung zum Ojos del Salado (km 250). Auf dieser Fahrt übermannt unseren Fahrer öfters kurz der Schlaf, so dass wir das Steuer für einige Kilometer tauschen.
Wir reisen also in Maricunga offziell nach Chile ein. Dort steht ein riesiges Abfertigungsgebäude; die hier beschäftigten drei Beamten (Zoll, Carabinero und SAG), kommen bei der seltenen Annäherung eines Fahrzeugs mit dem Fahrrad "zum Dienst". Man sieht ja schon zehn Minuten vorher, wenn mal ein Auto kommt. Auf der Rückfahrt Richtung Laguna Verde begegnen uns die Carabineros von vorhin wieder und sammeln nun unsere Pässe mit dem Permit ein, so dass wir diese möglicherweise nun doch in fünf Tagen ohne den Umweg über den Zoll abholen können. Mal sehen.
Die Strecke von der Straße zum Refugio Rojas (5260 m) ist teils sehr sandig und nimmt nochmals einige Zeit in Anspruch. Außerdem bedarf der Kühler immer besonderer Zuwendung und Nachfüllung. Abends um sieben kommen wir am Refugio an. Es ist relativ viel los, es stehen schon acht oder neun Zelte. Für unseres ist aber gerade noch eine Windschutzmauer übrig.
Als wir am Morgen fertig mit dem Packen sind, kommt ein Aufpasser vorbei und möchte pro Person 160 US$ Eintrittsgebühr kassieren. Dass es eine Gebühr gibt, war uns auch vom DIFROL-Permit her bekannt, die unverschämte Höhe war aber weder im Permit genannt, noch auf der Webseite der Abkassierer aufgeführt. Protestierend zahlen wir und finanzieren so die goldene Badewanne von Aventurismo Expediciones mit (Genaueres siehe "praktische Informationen").
Für die 600 Höhenmeter zur oberen Hütte brauchen wir knapp vier Stunden. Das ist nicht allzu langsam, wir haben ja alles Gepäck fürs Übernachten und viel Getränke dabei. Am Refugio Tejos (5830 m) hat sich in den letzten 12 Jahren nichts verändert. Man hat es also auch nicht für nötig befunden, für die 160 Dollar hier eine Toilette hinzustellen, damit nicht jeder sein Häufchen irgendwo in die Gegend macht.
Vom Gipfel kommen heute nachmittag einige Leute herunter, die meisten zwischen 16 und 18 Uhr. Mal sehen, wie es uns morgen ergeht.
Nach mehr oder weniger geruhsam verbrachter Nacht (wie das auf fast 6000 m eben ist) brechen wir um 4:45 auf. Es ist stockdunkel, trotzdem finden wir unsere Route ohne größere Schwierigkeiten, auch wenn wir nicht der ausgetretenen Normalroute folgen: Da wir die Steigeisen nicht dabei haben, müssen wir die Gletscherquerung der Normalroute weit rechts umgehen.
Weiter oben am Grat macht feiner loser Schotter das Vorankommen mühsam; auch auf der Spur, die wir bei 6600 m wieder treffen, stapft es sich sehr anstrengend. Um kurz vor zwölf ist endlich der Kraterrand6 erreicht. Die höchsten der Erosion noch nicht anheimgefallenen Felsburgen uns gegenüber sind die beiden Gipfel, chilenischer und argentinischer. Beide sind bis auf den Meter gleich hoch, und wir gehen natürlich auf den chilenischen. Alles andere wäre ja illegaler Grenzübertritt.
In der Rinne zwischen beiden Gipfeln und am Grat zum chilenischen Gipfel hängen 15 Meter Fixseile, die das Gelände eigentlich nicht erfordern würde - wenn das hier nicht ein hoher Sechstausender wäre. So aber, wo jeder schon der dünnen Luft wegen mit seiner Kraft und Konzentration kurz vorm Ende ist, hält man sich doch gerne mit der Hand fest und ist über die Absicherung ganz froh. Der Fels ist sehr schön fest und nicht allzu schwierig (II), der Grat selbst ist wieder Gehgelände.
Um halb zwei sind wir auf dem Gipfel. Es ist schönstes Wetter, und der bissige Wind, der uns den ganzen Aufstieg geplagt hatte, ist hier oben völlig verschwunden. Wir können die Rundsicht über viel Sand und Schnee ausführlich genießen. Das GPS zeigt Höhen zwischen 6893 und 6896 m an, die von Argentinien gemeldete Neuvermessung von 6864 m sieht damit eher fragwürdig aus.
Sonnenaufgang |
Ojos del Salado (6893 m); hinten der Tres Cruzes |
Langsam und vorsichtig absteigend (wegen des losen Gerölls) kommen wir um halb fünf wieder am Refugio Tejos an, legen uns ins Zelt und tun erst mal zwei Stunden gar nichts.
6 Der Ojos del Salado ist der höchste Vulkan der Welt, er ist aber nicht mehr aktiv und der Krater ist schon teilweise erodiert. Im Gipfelbereich treten aber schweflige Gase aus.Der Abstieg zum Refugio Rojas dauert nur eine Stunde. Trotzdem war es wohl besser, dass wir uns nicht noch gestern schwerbeladen heruntergekämpft haben, sondern uns einen ganzen gemütlichen Tag Zeit lassen. Die zweite Übernachtung oben schadet der Akklimatisation für den nächsten Berg sicher nicht, und da das Auto erst morgen kommt, gibt es schließlich keinerlei Grund zur Hektik.
Pünktlich sind wir zur vereinbarten Zeit fertig mit dem Packen. Doch kein Auto in Sicht. Nachdem sich gute drei Stunden nichts getan hat, können wir mit dem letzten hier verbliebenen Auto - dem von Walter und Gunther, die gestern auf dem Ojos waren - in Richtung Straße mitfahren. Nach einer Viertelstunde treffen wir dann auch unseren Abholdienst, der in den hochgelegenen Steigungen anscheinend wieder gewisse Kühlerproblemchen hat. Die Ausrüstung laden wir an der Laguna Verde um. Nun folgen die Aus- und Einreise-Wirrnisse, Teil 2.
Unsere Pässe sind in der Carabineros-Station fünf Kilometer westlich. Von dort wären es nur noch 20 Kilometer zur Grenze. Aber nein, nachdem wir die Pässe abgeholt haben, müssen wir zum Ausreisen wieder 90 Kilometer ins Land hineinfahren zur Zollstation Maricunga. Dort gibt es den Ausreisestempel in den Pass, und zurück geht's zur Carabineros-Station. Dort bricht helles Entsetzen aus, wo denn unser gelber Durchschlag - der vom himmelblauen Ausreiseformular - sei. Das haben die Zöllner wohl vergessen. Ohne das würde man uns aber nicht nach Argentinien einreisen lassen.
Nach längerem Hin und Her lässt man uns so weiterziehen, bereit die Sache mit den argentinischen Kollegen gegebenenfalls per Funk zu klären. Da die argentinischen Carabineros nach keinem Formular, weder gelb noch himmelblau, fragen, wird uns die wirkliche Bedeutung des gelben Durchschlags aber weiterhin verborgen bleiben. Zum Glück sind die 200 Kilometer bis Fiambalá nun geteert; unser Fahrer übernimmt die erste Hälfte, die zweite dann besser ich. Erst um neun Uhr ist die Odyssee beendet.
In Fiambalá werden am Morgen die Schlammberge beseitigt, die die heftigen Gewitter der letzten Tage auf den Straßen hinterlassen haben. Nachdem wir uns für den Monte Pissis bei der Tourist-Info und den Carabineros registriert und die Busfahrkarte für Córdoba für nächsten Donnerstag gekauft haben, kommen wir um 12 Uhr los. Mit uns fahren zwei Argentinier zum Trekking am Monte Pissis-Basislager.
Nach einer Stunde auf der guten Teerstraße zum Paso San Francisco geht es auf einen kleinen, teils ziemlich schlechten Fahrweg, der kompliziert über diverse Pässe zur Laguna Verde7 führt. Etliche Stopps wegen kochendem Kühlwasser sind natürlich inclusive.
In der Ebene südlich der Laguna ist es dann mit dem Wiederanlassen des Autos endgültig Schluss. Die Batterie ist leer, und das mitten in der Wüste. Nach zwei Stunden Hin- und Herschieben ist auch dem Letzten klar, dass man einen Pickup in der sandigen Ebene durch Anschieben nicht zum Laufen bringt. Heute ist keine Hilfe mehr zu erwarten, wir sind die einzigen, die diese Straße benutzen.
Während Fahrer und ein Fahrgast sich auf eine unbequeme Nacht im Auto einrichten, gehen Claudia und ich zusammen mit dem anderen Mitfahrer die verbleibenden 8 Kilometer bis zum Monte Pissis-Basislager. Dort gibt es ein Funkgerät. Aus den angeblich 8 Kilometern werden allerdings 13.6, und aus dem Abendspaziergang eine vierstündige Nachtwanderung. Wir sind froh, als wir kurz vor zehn endlich das große Tunnelzelt erreichen.
7 eine andere Laguna Verde als die in Chile am Ojos del Salado.
Laguna Verde und Monte Pissis |
Langsam wird es dunkel auf unserem Abendspaziergang |
Morgens um halb zehn kommt unser Auto zusammen mit einem anderen Pickup, der morgens um fünf Uhr in Fiambalá aufgebrochen war und unten in der Ebene Starthilfe gegeben hatte. Nachdem die bisherigen Bewohner des Basislager-Zeltes, die gestern auf dem Gipfel gewesen waren, verabschiedet sind, sortieren wir unsere Ausrüstung und starten gegen halb elf in Richtung Lager 1.
Der Weg dorthin ist sehr mühsam: Es geht ein langes, eintöniges Trockental mit schlechtem, schuttigem Untergrund hinauf. Danach folgt eine endlose Querung über flache Geröllhänge, und nach 6 Stunden sind wir am Lagerplatz (5363 m). Es gibt reichlich fließend Wasser vom Gletscher, und das Wetter ist gut.
Von Lager 1 nach Lager 2 ist es wenigstens streckenmäßig nicht so weit. Wir gehen rechts des Schneefelds oder am Schneerand in zunehmender Steilheit hoch. Bei der angegebenen Höhe von 5900 m sind allerdings keine Lagermöglichkeiten zu finden, wir stehen mitten im steilen Schneefeld, und es wird die nächsten 200 Höhenmeter offensichtlich auch nicht flacher. Nach längerer Suche finden wir weit rechts im Geröll einen flachen Platz. Anzeichen für frühere Lager sind nicht zu sehen, und es gibt praktisch keinen Windschutz.
Die Schlechtwetterfront, die sich in den letzten Stunden hinter uns aufgetürmt hatte, kreist uns plötzlich von vorne her ein. Hinter einem großen Stein auf 5930 m können wir einen einigermaßen akzeptablen Zeltplatz herstellen. Ab drei Uhr nachmittags schneit es bis zum Einbruch der Nacht.
Eigentlich wollten wir heute morgen um vier Uhr zum Gipfel aufbrechen. Es schneit zwar nicht mehr, ist aber immer noch teilweise bewölkt, und die Sterne sehen eigenartig milchig aus. Das sieht nicht überzeugend aus, wir bleiben lieber liegen.
Am frühen Vormittag beginnt es wieder zu schneien, und es hört erst spät am Abend wieder auf. Unsere letzte Möglichkeit, den Gipfel zu versuchen, ist nächste Nacht gegen vier Uhr, dann wären wir - nach geschätzt 9 Stunden Aufstieg, 3 Stunden Rückweg und 4 Stunden Abstieg - abends unten im Basislager und könnten wie geplant am Mittwoch dort abgeholt werden.
Morgens um drei ist das Wetter gut. Um viertel vor vier machen wir uns auf den Weg durch die Querung zum Gletscher durch 20 cm Neuschnee. Trotz der Bewegung werden Hände und Füße immer kälter. Nach zwanzig Minuten entschließen wir uns zur Umkehr. Zurück am Zelt zeigt das Thermometer -22°C. Wir sind zwar nicht allzu schlecht ausgerüstet, aber für neun Stunden Schneestapferei bei solchen Temperaturen auf über 6000 Metern könnte es ein bisschen knapp sein.
So machen wir uns ohne Gipfel an den Abstieg. Vielleicht hätte sich sogar ein Durchbeißen in dieser Nacht nicht mal gelohnt, denn schon bald kommen Wolken auf und hüllen zuerst die Aussicht in die Ferne, später auch den Monte Pissis teilweise ein.
Nach einer Stunde sind wir auf der Höhe von Lager 1, wo kaum noch Schnee liegt. Nun folgen noch knappe zwei Stunden Extremstolpern. Wir nehmen diesmal das andere Tal, aber das schenkt sich gar nichts. Nur grobes und feineres Geröll, es will sich kein Gehrhythmus einstellen. Aber auch das hat ein Ende, nämlich das rote Basislager-Tunnelzelt. Die beiden Argentinier erwarten uns schon.
Endlich wieder eine Nacht mit Matratze. Im Tunnelzelt ist es allerdings kälter als in unserem kleinen Zelt. Trotzdem haben wir gut geschlafen, heute morgen alles zusammengepackt, und um zehn Uhr kommt tatsächlich schon ein Auto. Es ist aber nicht Cristian R., sondern sein Pannenhelfer vom Samstag.
Das hat den Vorteil, dass das Fahrzeug weder Kühler- noch Batterieschaden hat und wir wirklich nur zum Sightseeing anhalten müssen. Auf der Rückfahrt können wir an der Laguna Verde Flamingos sehen, aber auch ohne Fotopausen nehmen die 90 Kilometer auf der sehr dürftigen Straße viel Zeit in Anspruch. Auf der Teerstraße des Paso San Francisco sind es dann nochmal 86 Kilometer, die dann allerdings auch schneller hätten gehen können: Der Fahrer hat eine Vorliebe für den Leerlauf, was bei durchschnittlich 2% Gefälle nur zu einem sehr gemäßigten Tempo führt. Nach 6 Stunden Fahrt - am Ende durch teils heftigen Regen - sind wir in Fiambalá.
Heute sind viele Ausländer im Ort: Die drei Schweden Janne, Nadine und Erik, und noch ein weiterer Deutscher. Die Schweden wollen morgen an die argentinische Seite des Ojos del Salado fahren. Abends gibt es bei Reynosos ein ausgezeichnetes Asado8 mit sehr gutem örtlichem Wein.
8 Grillfleisch. Grillen ist in Argentinien Kult. Eigentlich sind Argentinier fast immer beim Grillen.Nach kurzem Frühstück auf der Plaza (das Wetter ist wieder schön) fahren wir per Taxi zu den Termas de Fiambalá. Das ist zwar relativ teuer (weil die Termas 17 km außerhalb liegen), lohnt sich aber wirklich. Wir erholen uns im warmen bis heißen Wasser in den Natursteinbecken im Schatten der Bäume.
Abends um sieben fährt der Bus von Fiambalá nach Córdoba, wo wir am Freitagmorgen gegen halb acht ankommen.
Nach einem Besuch bei der Tourist-Info im Busterminal suchen wir uns schnell ein Hotel in der Nähe. Der Rest des Tages wird unter anderem mit einer ausgiebigen Siesta ausgefüllt, denn in der Nacht schlief es sich nicht sonderlich gut, und hier ist es um die Mittagszeit 35°C heiß. Abends besuchen wir den hiesigen Fresstempel (ein Parillada-Restaurant mit Selbstbedienung), der uns von den beiden Trekkern im Pissis-Basislager empfohlen worden war.
Außer der geführten Stadtrundfahrt haben wir der Hitze wegen nicht sonderlich viel unternommen. Längere Siesta.
Den Vormittag verbringen wir im Parque Sarmiento beim Betrachten mehr oder weniger erfolgreicher Jogger. Allerdings ist es schon morgens recht warm. Gegen Mittag geht's mit dem Linienbus zum Flughafen, und von dort zum Flughafen Buenos Aires - Aeroparque Jorge Newberry, der direkt am Rio de la Plata liegt, hier schon eigentlich eher eine Meeresbucht als ein Fluss. Seit 1997 scheinen die Autobahnen nun endlich fertiggeworden zu sein, so bringt uns das Taxi ohne Stadtbesichtigung (schade eigentlich...) in etwa einer halben Stunden zum internationalen Flughafen Ezeiza. Am Montagabend sind wir dann zurück im winterlichen Deutschland.
Home |
Zurück zu "Berge" |
Zurück zu Expeditionen |
Karten- skizze |
Höhen- diagramm |
Infos |
English version |
Diashow |
Druckversion (ohne Menü) |
Diese Seite entspricht dem HTML 4.0 Standard.
Letzte Änderung am Sonntag, 11. Juni 2006 durch Hartmut Bielefeldt