Mont Blanc de Cheilon (3870 m) - Wallis
Skitour

Berge:
Mont Blanc de Cheilon3870 m
La Luette3548 m
La Serpentine3795 m
Pigne d'Arolla3796 m

Bericht
19.-22. April 2000

Mittwoch, 19.4.
Ostern, und Urlaub vom Vorjahr, der bis Ende April verbraten sein muss. Was liegt da näher, als die Osterwoche freizumachen. Das letzte Wort hat aber immer noch das Wetter - den Montag und Dienstag hätte ich getrost in der Pfeife rauchen können, wenn ich eben Raucher wäre.
Für den Mittwoch sieht die Perspektive schon besser aus. Wieder mal durch die halbe Schweiz gefahren, und in Arolla bei knapp 2000 Metern machen wir uns um Mittag herum auf den Weg.
Die Route ist nicht sonderlich aufregend, erst geht es entlang der Piste aufwärts (denn der Start bei der Bergstation ist ja nur was für Weicheier), und nach 900 Höhenmetern und zweieinhalb Stunden stehen wir am Col de Chèvres, um auf der anderen Seite ziemlich steile Leitern herunterzuklettern.
Am Col de Chèvres
Am Col de Chèvres. Die Ski packt man hier übrigens lieber nicht so, sondern besser senkrecht an den Rucksack - sonst bleibt man in der Mitte der Leitern hängen.

Vom Fuß des Passes zur Cabane des Dix (2928 m) dauert es noch anderthalb Stunden in ziemlich großer Hitze.
Da wir nicht angemeldet sind, müssen wir ein Stündchen warten, bis wir unser Lager zugeteilt bekommen. Die Hütte ist heute sehr voll; wir sind vor den Halbpensionsgästen mit unserem primitiven Suppen-Abendessen fertig und verziehen uns bald in die Koje. Anscheinend sind viele der Gäste hier Haute-Route-Kunden, auch etliche große organisierte Gruppen sind dabei.
Mont Blanc de Cheilon
Von der Hütte aus wirkt der Mont Blanc de Cheilon recht imposant.
Donnerstag, 20.4.
Ungewohnt: In der Cabane des Dix gibt es erst um sechs Uhr Frühstück. Da die Hütte verhältnismäßig hoch liegt, genügt ein so spätes Aufstehen in der Frühjahrssaison reichlich.
Wir gehen eine halbe Stunde nach dem Aufstehen los; es ist schon deutlich hell um halb sieben, der Vollmond verschwindet gerade hinter den Bergen, es ist kein Wölkchen am Himmel. Nach einer Stunde ist der Col de Cheilon erreicht. Wir bleiben im Schatten, es geht erst mal auf eine fürchterlich abweisende Felswand zu. Das ist La Ruinette, und bei dieser finsteren Ansicht dieses steilen Felshaufens erscheint der Name recht plausibel. Wir biegen aber nach links ab auf ein unerwartet moderates Gletscherband, das den Hang zum Mont Blanc de Cheilon ohne große Probleme erschließt. Der Vorgipfel 3827 m stellt sich als ein gut 10 Meter hoher Felsbuckel heraus, offensichtlich ist seit der Herausgabe der Landkarte einiges an Gletscher abgeschmolzen. Hier geht es zu Fuß weiter.
Mont Blanc de Cheilon
Gipfelgrat des Mont Blanc de Cheilon, vom kurz hinterm Vorgipfel aus gesehen
die letzten zehn Meter
Die letzten zehn Meter zum Gipfel
zurück am Sattel
wieder zurück am Sattel

Der Gipfelgrat ist gut verschneit und freundlicherweise schon mit einer Spur versehen. Die Produzenten dieser Spur sind anscheinend ohne Steigeisen gegangen, was dann wohl die verschärfte Variante des Walliser Roulettes sein dürfte. Beidseitig geht es stramm abwärts, und ein Fehltritt dürfte höchst ungesund sein. Mit Steigeisen ist das Ganze dagegen eher unterhaltsam. Die letzten paar Meter geht es recht exponiert im Fels (II) aufwärts. Da wir intelligenterweise das Seil am Skidepot gelassen haben, verzichte ich auf dieses Stückchen, und Claudia schaut sich die Aussicht von oben (3870 m) alleine an.
Die Abfahrt ist nicht allzu berühmt, weil die meisten Stellen lange im Schatten gelegen haben. Aber darum geht es uns ja nicht, wir wollen ja eher ein paar Höhenmeterchen machen. Das tun wir dann auch, indem wir nicht zur Hütte abfahren, sondern noch La Luette (3548 m) mitnehmen. Damit sind dann etwa 1500 Höhenmeter beisammen, wir sind am frühen Nachmittag wieder an der Cabane des Dix.
auf der Luette
Auf der Luette; Pigne d'Arolla, Mont Blanc de Cheilon und Ruinette (von links)
Cabane des Dix
Cabane des Dix
Freitag, 21.4.
Nach wiederum langem Ausschlafen bis um sechs wollen wir heute nun zur Cabane des Vignettes hinüber. Über mäßig steile Hänge steigen wir zum unaussprechlichen Col de Tsijiore Nouve und weiter zum Gletscherplateau des Col de Brenay. Ein Stückchen Blankeis wird für manche zum Problemchen, aber wer hier erst die Spitzkehre lernen muss, ist wohl doch im falschen Film.
Aufstieg vor dem Mont Blanc de Cheilon
Aufstieg vor dem Mont Blanc de Cheilon
Bald wird es wieder flacher
Bald wird es wieder flacher

Weiter oben wird es schnell flach. Wir wollen erst mal auf die Serpentine gehen, da ist es nämlich viel ruhiger als am Pigne d'Arolla mit ihren Heliski-Abladungen im Fünfminutentakt. Wie ich so friedlich auf Claudias Spur zu einer anderen Skispur hinüberquere, fehlt mir ganz plötzlich der Boden unter den Füßen. Zwei Meter tiefer finde ich mich wieder. Tatsächlich haben die zwanzig Kilo Gewichtsdifferenz (für mich und meinen Rucksack) und meine kürzeren Ski dafür gesorgt, dass ich auf bestehender Spur in die Unterwelt eingebrochen bin. Zum Glück bleibe ich auf einer Brücke zwei Meter unter Grund - wohl auch durch den von oben mitgenommenen Schnee - stehen und kann in aller Ruhe die Ski ablegen, den Anseilgurt anlegen (das hätte man vorteilhafter natürlich schon am Morgen getan), die Steigeisen anlegen und darauf warten, dass nun endlich mal jemand nach mir schaut.
Das dauert ganz schön lange, denn aus einer Spalte heraus ist man sogar mit Trillerpfeife schlecht zu hören, und obwohl auf der Spur nicht allzuweit entfernt Gruppe um Gruppe vorbeiläuft, scheint niemandem mein plötzliches Verschwinden aufgefallen zu sein. Nachdem Claudia mich irgendwann doch ernsthaft vermisst, finden sich auch zwei Welschschweizer, und alle zusammen bringen mich schnell wieder ans Licht.
La Serpentine ist dann ohne weitere Zwischenfälle in einer Dreiviertelstunde erreicht. Mit 3795 m ist sie nur einen Meter niedriger als der Pigne, aber völlig ruhig.
Wir reihen uns eine Stunde später auf dem Pigne d'Arolla ein, betrachten kurz die Aussicht und machen uns bei schönem und immer noch sehr warmem Wetter bald an die Abfahrt. Oberhalb der Cabane des Vignettes ist's ein Stückchen etwas steil (aber das ist auf der Skitourenkarte sowieso gepünktelt eigezeichnet). Da wir im Angesicht der Horden, die hier abfahren und die Gegend in eine mittlere Piste verwandelt haben, wohl kaum auf einen Schlafplatz in der Cabane des Vignettes hoffen können, fahren wir ganz bis Arolla ab - 1800 Höhenmeter in nur vierzig Minuten.
auf dem Weg von der Serpentine zum Pigne
Auf dem Weg von der Serpentine zum Pigne
Samstag, 22.4.
Für den Samstag ist das Wetter noch immer sonnig, aber schon etwas wolkig angesagt. Also schauen wir mal in der weiteren Umgebung, was wir da noch gerne mal machen wollten. Nach Übernachtung im Auto gehen wir frühmorgens vom Simplonpass aus den Monte Leone an. In der Morgensonne stauen sich nur an einigen Nachbarbergen ein paar Wolken. Mit der Zeit bildet sich daraus eine kompakte Wolkendecke auf Höhe unserer Gipfel. Als wir den Breithornpass (3370 m) erreichen, sind die obersten fünfzig Meter des Monte Leone schon in der Suppe verschwunden; nach nur zwanzig Minuten Querung in diese Richtung stehen wir im totalen Whiteout: Vorne, hinten, oben, unten, alles ist weiß. Nicht mehr zu erkennen, wo es bergauf oder bergab geht, wir tasten uns vorsichtig die Spur zurück zum Pass. Durch den schönsten Bruchharsch der Saison mühen wir uns abwärts, bis man langsam wieder was sieht. Bald wird auch der Schnee wieder wenigstens "bedingt fahrbar". Zurück am Simplon, ist es dort auch kaum mehr sonnig, dafür durch den einsetzenden Föhn unangenehm windig. Also fahren wir wieder nach Hause. Zumindest die letzten Tage ist ja wenigstens einiges gegangen, alleine das ist Ostern schon eher selten.

Praktische Hinweise

Arolla - Cabane des Dix

Von Arolla zur Bergstation des ersten Skilifts, ca 2500 m - etwa 1 1/2 Stunden (außer für Skiliftbenutzer, Weicheier, Schattenparker..). Eine gute Stunde von dort zum Pas de Chèvres, unproblematisch. Auf der anderen Seite die Leitern herunterklettern, und in etwa einer Stunde zur Cabane des Dix, 2928 m. Insgesamt also ca. 4 Stunden.
Schwierigkeit MS/EB (letzteres wegen der Leitern).
Die Cabane des Dix (Tel. +41 27 2811523) hat zwar 150 Plätze,ist aber trotzdem in der Frühjahrssaison ziemlich voll.

Mont Blanc de Cheilon

Von der Cabane des Dix meist recht flach auf den Col de Cheilon, den oberen Glacier de Giétro auf die Ruinette hin queren und über eine auffällige Gletscherrampe nach links hoch. In Anbetracht der Wildheit der restlichen Gegend ein erstaunlich günstiger Zustieg; vor dem Vorgipfel P. 3827 Skidepot. Der Vorgipfel ist kein adäquater Ersatz für den schönen Gipfelgrat. Der dauert mit der notwendigen Vorsicht ein Stündchen vom Vorgipfel; Steigeisen nicht vergessen. Der Grat fällt beidseitig steil ab, ist aber gut zu begehen. Die letzten acht Meter oder so sind steileres Felsgelände (II, exponiert).
4 1/2 Stunden von der Cabane des Dix.
Schwierigkeit GSA (ein paar Spalten) bzw. L/WS

La Luette

La Luette ist sozusagen der Hüttengipfel der Cabane des Dix. Von der Hütte wie auch vom Col de Cheilon geht man auf der recht sanften Ostseite. Ein kurzes Stück unterhalb des Grates ist etwas steiler; danach bald Skidepot und die letzten 90 Höhenmeter zu Fuß. Bei der Abfahrt in der Steilpassage nicht gerade in die zwei, drei vorhandenen Spalten rauschen.
Schwierigkeit MSA bzw. B

La Serpentine und Pigne d'Arolla

Von der Hütte quert man den Gletscher ostwärts und steigt dann den kleinen Glacier de Tsena Réfien auf. In der Saison ist die Routenfindung sowieso eindeutig, immer den Massen nach. Im unteren Bereich bis zum Col de Tsijiore Nouvre kann man die Spur mit entsprechender Spalten-Vorsicht recht bequem legen. Wegen einer Wächte muss man oberhalb des Col T.N. noch etwas höher und das nachfolgende Becken durchqueren. Danach eine steilere Stufe hoch, hier kann es auch vereist sein. Oben auf 3600 m wird es wieder flach, und die Routen zu Serpentine und Pigne trennen sich. Etwa 3 Stunden bis hier, zu den Gipfeln jeweils 1/2 Stunde.
Zur Serpentine nach rechts durch ziemlich flaches, aber (wie oben ausgeführt) nicht spaltenfreies Gelände auf den Vorgipfel (3788, mit Steinmann) und/oder zum Hauptgipfel (3795). Ob der Hauptgipfel heute auch noch sieben Meter höher ist als der Vorgipfel, scheint mir fraglich - es ist gegenüber der Karte wohl einiges abgetaut.
Zum Pigne d'Arolla folgt man der großen Gletschermulde weiter bis zum Sattel, von dem aus man in fünf Minuten mit Ski den Gipfel erreicht. Keinerlei Probleme.
Beide Berge: Schwierigkeit GSA, wegen der Steilstufe. Das allermeinste ist aber MSA.

Abfahrt nach Arolla

Zuerst die Gletschermulde östlich des Pigne runter, danach abwechselnd etwas nach links, rechts und wieder links haltend einen Steilhang runter, bis der Hang unterhalb etwas felsig wird. Gegebenenfalls mit der Skitourenkarte 283S vergleichen. Bei guten Verhältnissen kann man das auf der Karte gepünktelte Stück gut abfahren und spart sich so den Wiederaufstieg. Wer zur Cabane des Vignettes (Tel. +41 27 283 1322) möchte, muss danach vor dem Grat nach rechts queren; wer direkt ins Tal will, kann durch die kleine Lücke linkerhand direkt abfahren. Dem Gletschertal folgend, später nach rechts dem Tal nach runter und dort, wo links oberhalb im Hang ein Wegweiser zu sehen ist (flaches Stückchen), noch ein Stückchen das Tal runter, dann nach links um eine Ecke herum fahren. Nun ist der Weiterweg ins Pistengelände zu sehen, das man am oberen Rand der Absperrungen am besten erreichen kann.
Führer/Karte
Führer:
Routennummern SAC, "Alpine Skitouren 3, Walliser Alpen" (1991) SAC, "Hochtouren im Wallis" (CD-ROM, 1998) SAC, "Guide des Alpes Valaisannes II" (1987)
Cabane des Dix70207919,918
Mt.B.Cheilon406226939,935
Luette408224978
Dix-Pigne d'Arolla403229895,897,865
Pigne-Vignettes401228862
Vignettes-Arolla69209850
Landkarte:
© 2000 Hartmut Bielefeldt

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Letzte Änderung am Freitag, 9. August 2002 durch Hartmut Bielefeldt