Elbrus 2006
Amical Alpin
|
Cheget, mit Nakratau (4269) und Dongusorun (4454) |
Elbrus vom Cheget aus gesehen |
Endlich Schaschlik |
Heute ist etwas früherer Aufbruch angesagt, weil sonntags an der Seilbahn viel los sein soll. Nach dem Frühstück sind wir daher um halb neun an der Talstation und fahren die zwei Etappen bis zur Endstation "Mir" auf 3465 m. Das Gepäck sowie die Köchin, die uns oben versorgen wird, werden auf eine Pistenraupe verladen. Ohne Gepäck steigen wir gemütlich in einer Dreiviertelstunde zu den Bochki-Hütten ("Tonnen" 2) auf 3700 m auf.
Das Baksan-Tal von der Mittelstation aus |
Auf dem Weg zu den Tonnen |
Bochkis in Sicht |
Der Elbrus scheint zum Greifen nah - ist es aber nicht |
Dort ist schon ein Imbiss vorbereitet. Kurz vor Mittag brechen wir mit wenig Gepäck zu einer Akklimatisationstour auf. Die meisten gehen bis etwa 4400 bis 4500 Meter, das dauert mit Pausen an die zweieinhalb Stunden. Das ganze Gelände ist allerdings nicht gerade einsam: Russische Skifahrer lassen sich mit Pistenraupen bis auf 4500 m bringen, unser Aufstieg und Abfahrt verläuft also längs der Piste. Zurück bei den Tonnen sind wir dadurch aber auch schnell.
Unser örtlicher Führer Oleg schlägt für morgen vor, nochmals bis zu den Pastuchov-Felsen auf 4600 m aufzusteigen und dort in der Blankeispassage den Umgang mit den Steigeisen zu üben. Für die Gipfelbesteigung selbst, für übermorgen geplant, bieten sich zwei Möglichkeiten an: um drei Uhr von den Tonnen aus mit Ski, oder um fünf Uhr mit der Pistenraupe bis 4500 m und erst dann zu Fuß weiter.
Der Wetterbericht ist gut, aber es gibt einige Zweifel an der Verlässlichkeit: Für heute war ziemlich schlechtes Wetter angesagt, und es war bis auf Quellwolken schön. Da das Wetter in der Gegend im Allgemeinen als wenig stabil gilt, überlegen wir, schon morgen einen Gipfelversuch zu wagen. Das entspricht zwar nicht dem üblichen Plan, und wir sind praktisch nicht an die Höhe angepasst, aber wer weiß schon wie lange das Wetter wirklich hält? Claudia und mir wäre es eigentlich lieber, auf die Pistenraupe zu verzichten, die die Mehrheit nutzen möchte. Weil aber die Organisation mit einer aufgeteilten Gruppe zu kompliziert würde und die 1900 Höhenmeter ohne Akklimatisation ein recht heftiger Brocken sein dürfte, werden wir morgen alle zusammen mit der Abkürzung per Pistenraupe versuchen, den Gipfel zu erreichen - Schönwetter vorausgesetzt. Übermorgen könnte man beispielsweise ohne Pistenraupe auf den Ostgipfel gehen, wenn man dann noch Lust dazu hat, die vollen Höhenmeter ohne Aufstiegshilfe zu bewältigen und den Berg sozusagen "by fair means" zu besteigen.
2 Бочка heißt auf russisch "Tonne"
Morgens um fünf werden wir von der Pistenraupe zum Ende der fahrbaren Strecke auf 4500 m unterhalb der Pastuchov-Felsen gebracht. Es ist kalt und sehr windig (-20°C / 40 km/h), aber schön. Sonne werden wir frühestens in zwei Stunden bekommen. Da der Elbrus sehr frei in der Landschaft steht, sind seine Hänge ständig mehr oder weniger starken Stürmen ausgesetzt. Der Gletscher im Bereich der Pastuchov-Felsen ist meist blankgefegt - deshalb lassen wir die Ski auch gleich hier für die Abfahrt zurück und gehen zu Fuß.
Das Gletschereis ist winterlich hart, schon bei 35° Neigung legen Stephan und Oleg ein - nicht unpraktisches - Fixseil. Ab 4900 m liegt wieder Schnee auf dem Gletscher, aber er ist hartgepresst und zum Skifahren wenig geeignet.
In der Sonne ist es nun etwas angenehmer, an Temperatur und Wind hat sich aber nichts geändert. Eine endlose aufsteigende Querung führt uns nach links in den Elbrus-Sattel zwischen dem Westgipfel (5642 m) und dem Ostgipfel (5621 m). Hier ist der Wind etwas schwächer. Für die verbleibenden 300 Höhenmeter brauche ich zwei Stunden; der Hauptgipfel ist natürlich ganz am hinteren Ende des Gipfelplateaus. 13 Uhr, Oleg ist mit mir am Gipfel; die meisten anderen waren eine halbe bis ganze Stunde früher oben gewesen.
Eine endlose Querung führt zum Sattel |
Blick nach Süden |
Claudia auf dem Elbrus-Gipfel |
Der Ostgipfel mit seinem Krater, vom Westgipfel gesehen |
Fernsicht zum Uschba |
Das Wetter arbeitet schon an den nachmittäglichen Wolken, aber noch ist die Sicht gut. Leider können wir sie nur kurz genießen, denn der Wind ist hier oben noch heftiger als in der Flanke. Als wir eine halbe Stunde später zurück im Sattel sind, sind beide Elbrus-Gipfel schon in Wolken.
Es folgt der lange und anstrengende Weg zurück durch Querung und Blankeis; daran schließt sich eine wenig erquickliche Skiabfahrt zu den Tonnen an: Erstens ist das Wetter jetzt schon ganz schön ungemütlich geworden, zweitens war der Tag recht anstrengend, so dass ich froh bin, endlich (und ohne irgendeinen dummen Sturz auf der Piste) am Ziel anzukommen.
An den Bochkis zeigt sich der Vorteil eines ordentlichen Handy-Netzes: Werner hatte sich oben wohl durch unzureichende Handschuhe einige Finger erfroren. Unser Teamarzt Georg kann sich per Handy in Deutschland unterstützenden Rat über die Notfallmedikamentierung holen.
Abends beginnt es heftig zu schneien.
In der Nacht hat es 40 cm geschneit, heute morgen ist es bewölkt. Nach einem kurzen Sonnenstrahl schneit es weiter.
Morgens müssen erst mal alle Tonnen wieder ausgegraben werden |
Abfahrt im Nebel |
Werner fährt mit den beiden Führern Oleg und Stephan und einigen Rucksäcken zusammen mit Pistenraupe und Seilbahn ins Tal, während die Anderen die Piste zur Station "Mir" und weiter zur Talstation mit Ski abfahren. Das Pulverschneevergnügen hält sich in Grenzen, die Sicht ist sehr schlecht. Ab der Mittelstation (2900 m) ist die Piste wegen zu wenig Schnee als gesperrt markiert. Etwas oberhalb der Talstation wird Stephan Kr. von Geröll und Steinen, die vom Neuschnee knapp überdeckt waren, sehr unsanft ausgebremst. Eine Schulterverletzung ist die Folge.
Unsere beiden Verletzten werden im nächstgelegenen Krankenhaus untersucht. Morgen werden sie nach Mineralnye Vody gefahren und über Moskau nach München heimgeflogen. Amical hat den Heimflug zusammen mit dem DAV erstaunlich schnell auf die Beine gestellt.
Zurück in Azau, kann man sich einen modischen Hut kaufen... |
...oder endlich wieder Schaschlik essen. |
Auch heute zeigt sich das Wetter eher durchwachsen. Für den Elbrus würde es nicht taugen - gut, dass wir dem Wetter von Anfang an nicht getraut hatten und uns nicht an den "üblichen" Plan gehalten hatten.
Heute wollen wir eine halbwegs übersichtliche Skitour unternehmen: etwa zwei Stunden von der Mittelstation zum Echo Voiny Pass. An der Seilbahn ist um neun Uhr schon ein solcher Andrang, dass wir nach Alternativen suchen müssen. Da sich für den Cheget-Sessellift und eine Tour fast identisch wie am ersten Tag keine Begeisterung regt, beschließen wir bis zur Mittelstation mit Ski aufzusteigen. Nach anderthalb Stunden sind wir dort. Weitere zwei Stunden sind wir durch endlose Gletscherbecken zum Pass (3349 m) unterwegs.
Die Abfahrt ist erst mit eher mäßiger Schneequalität gesegnet, im mittleren Bereich finden sich ein paar passable Hänge. Bald geht es im Talboden über diverse Lawinenkegel flach hinaus, bis uns mehrere Uniformen Halt gebieten - russische Grenzwache. Die Überprüfung unserer Personalien dauert 40 Minuten, die wir im Schneefall unter Bewachung mit Maschinenpistolen verbringen dürfen. Kurz nach vier sind wir wieder an der Seilbahnstation, um uns dem wohlverdienten Bier bzw. auch Schaschlik zu widmen.
Wie geplant um zehn Uhr bringt uns ein Kleinbus von Azau nach Pjatigorsk; die dreistündige Fahrt über regnet es fast ständig. In Pjatigorsk sind wir im Hotel "Intourist" am Lenin-Platz untergebracht. Tatsächlich wacht hier noch eine riesige Lenin-Statue über den Park.
Auf dem Markt wollen ständig irgendwelche - sich höchst wichtig vorkommende - Milizionäre unsere Pässe kontrollieren. Solch einen Kontrollwahn haben wir bis jetzt noch nirgends erlebt. Außer der Statue hat Pjatigorsk keine wesentlichen Sehenswürdigkeiten zu bieten, sieht man von der Straßenbahn ab, die in westlichen Ländern eher im Museum zu finden wäre als auf der Straße.
Abendessen im Hotel mit Verleihung der Elbrus-Besteigungsurkunden. Das Hotelrestaurant hat immer noch den "Charme" vergangener sozialistischer Zeiten.
Um halb fünf ist die Nacht vorbei. Ein kurzes Frühstück, um sechs Uhr sind wir am Flughafen von Mineralnye Vody. Nach diversen Sicherheits-, Ticket- und Passkontrollen besteigen wir den anscheinend einzigen internationalen Flug, den die hiesige Fluggesellschaft durchführt: Dreieinviertel Stunden nach München. Dort empfängt und warmes und sonniges Wetter. Im deutlich südlicher gelegenen Pjatigorsk war es mit Abstand nicht so warm gewesen.
Home |
Zurück zu "Berge" |
Zurück zu Expeditionen |
Karten- skizze |
Höhen- diagramm |
Infos |
English version |
Diashow |
Druckversion (ohne Menü) |
Diese Seite entspricht dem HTML 4.0 Standard.
Letzte Änderung am 14. Mai 2006 durch Hartmut Bielefeldt